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Tagebuch 6: Riale-Premia, Fr 20.8.2010

Beissen auf Granit

Die erste Steilstufe hinunter ins Val Formazza wird begleitet vom spärlichen Rauschen des Tocewasserfalles (die Kraftwerksbetreiber gestehen ihm nur zu bestimmten Zeiten die volle Wasserkraft zu) und vom Klacken der Hufe. Während die Pferde einfach drauflosstacksen, wenn man sie nicht mahnt und auf die Hemnisse aufmerksam macht, wählen die Esel ihren Weg mit Bedacht und setzen ihre Hufe mit grosser Präzision an die richtige Stelle. Das bedeutet: Die draufgängerische Pferdegruppe zieht vorne weg, dann folgt die vorsichtige Eselfraktion, und hinten dann der Wandererpulk, der von Zeit zu Zeit seine eigenen Wege geht. Vorne dabei ist auch Klaus Durrer, der Klärwerkmeister aus Hergiswil, mit seiner Stute Leila.  Ihm sind die frischen Rotwildspuren am Wegrand nicht entgangen und er vermutet in den steilen Wäldern reiche Jagdgründe. Dies umso mehr, als dass die Gärten eingehagt sind - ansonsten würden die zarten Pflanzen wohl nachts Besuch von Rehen erhalten. Seine Leila trottet derweil stoisch hinter ihm her. «Sie hat während dieser Tage einiges an Muskeln zugelegt», sagt Klaus stolz und: «jaja, diese Woche hat dem Pferd gut getan.» Etwas weniger enthusiastisch ist Urs Hedinger mit seinem Brauereiross. Er hat in den letzten beiden Tagen doch einige Male bei kritischen Stellen den Pferdeschutzengel zu Hilfe rufen müssen und gönnt sich und seiner Pepita nun einen Last- und stressfreien Tag.

In der zweiten Gruppe philosophiert die Kernser Ergotherapeutin Nicole Wüthrich über die geheimnissvollen Kräfte, die in einer Karawane so unwiderstehlich wirken. Wegen der Grösse des Saumzuges empfindet sie den Sog nicht so sehr wie letztes Jahr. Ihr Esel Felipe hingegen spürt den Talwind und überholt, nachdem er sich im Aufstieg zum Griespass doch eher diskret  verhalten hat, keck seinen Kollegen vornedran. Die Wanderer schliesslich, sie schätzen jede Sitzgelegenheit auf dem Weg nach unten. Die erste ergibt sich in Ponte, so die Pause zu einem kleinen Volksfest wird. Zwei der noch fitteren Wanderer lassen sich zu Akkordeonklängen sogar zu einem Tänzchen hinreissen, Grappa wird gereicht inmitten blumengeschmückter Walserhäusern. Ein Passant erzählt, dass sein Vater aus dem Wallis hierher ausgewandert ist, er aber eigentlich am Lago Maggiore wohne. Denn die Winter, die sind lang und einsam hier oben, und in Riale lebt dann gar niemand mehr.

Die zweite Sitzgelegenheit lässt dann doch etwas länger auf sich warten. Denn es gilt zuerst, die Steilstufe von Fondovalle zu überwinden und ins Valle Antigorio abzusteigen. Mächtige Granitwände ziehen beidseitig senkrecht in die Höhe und verengen den Blick zum Himmel - ein steinharter Reichtum, der von mehreren Granitwerken am Wegrand aus dem Berg gesprengt wird. Noch einmal eine Stunde durchbeissen - dann erwartet die Gruppe im kleinen Weiler Rivasco ein gegrilltes Pouletbein und ein spendierter Roter. Auch hier bringen die Einheimischen alles, was sie haben. Der letzte Küchenschemel wird auf den Platz geschleppt, Baumnüsse werden gereicht und Wein. «Von diesen Menschen können wir viel lernen», sagt eine Wanderteilnehmerin. Der Empfang in Premia schliesslich eröffnet nochmals neue Dimensionen: Das ganze Dorf ist auf den Beinen, der Senator des Tales beschwört die völkerverbindende Wirkung des Griespasses, Schüler überreichen den Säumern selbst gemachte Zeichnungen und kränzen die Saumtiere mit fantasievollen Halsketten. Was uns bleibt ist staunen. Einfach nur staunen.

Grosser Empfang in Premia.
Kein Fenster bleibt zu, wenn der Säumertross durch die Dörfer zieht.
Ansprache der Vize-Gemeindepräsidentin.