Impressionen vom Säumerfest 2010 in Kerns

Einzigartig, bodenständig, heimelig, urchig und urgemütlich! "Ur Ächt"

 

Tagebuch 1: Kerns-Giswil, So 15.8.2010

Auf den Spuren des Sbrinz

Die Kolonne von Mensch und Tier ist eindrücklich, die sich unter dem Applaus hunderter Schaulustiger mitten aus dem grossen Säumerfest in Kerns heraus auf den Weg macht - in sieben Etappen auf alten Säumerpfaden über den Brünig, den Grimsel und den Griespass bis nach Domodossola. 25 Saumtiere - von der stolzen Freibergerstute «Nubja» bis zum Esel «Mini» - trotten begleitet von 33 Säumerinnen und Säumern und einer sechzigköpfigen Wandergruppe bei zuerst angenehmen, dann doch etwas nassem Wetter durch Wald und Feld dem ersten Etappenhalt in Giswil entgegen. «Nubja» stammt aus der Eigenzucht des Kernser Landwirts Sepp Durrer. Der Präsident der Pferdezuchtvereinigung Innerschweiz gehört zu den Neulingen unter den Säumern und hat für die Woche extra trainiert. «Nubja ist noch jung und musste Vertrauen gewinnen, um geführt zu werden», sagt er - während Nubja den Kopf an seinen Arm schmiegt.

Geladen haben einige der Saumtiere schwere Laibe gut gereiften Sbrinz-Käses, dessen Namen diese alte Handelsroute trägt. Während heute darunter der Innerschweizer Hartkäse verstanden wird, der in Form der typisch kantigen Blöcklein am besten schmeckt, ist davon auszugehen, dass im 16. Jahrhundert der Sbrinz einfach eine italienische Bezeichnung für «Käse» war. Mit dem Aufkommen der Käseproduktion und des Käsehandels um 1600 tauchte aber schon bald der Hartkäse aus Unterwalden in den Säumerchroniken auf, der ebenfalls als «Sbrinzo» bezeichnet und seiner Haltbarkeit wegen sehr geschätzt wurde. Bald schon benutzten die Säumer den Sbrinz als Zahlungsmittel im Tausch gegen Wein aus dem Val Formazza, und der Sbrinz gehörte zusammen mit Vieh und Salz zu den Exportschlagern im Handel mit dem reichen Norditalien.

Sepp Durrer mit «Nubja».
Der Tross unterwegs zwischen Kerns und Sachseln.
Heidi Berchtold-Durrer zeigt das historisch gehaltene Gästezimmer im Hotel.

Seit 1882 - dem Bau des Gotthardtunnels - ist die Säumerei Geschichte. Eine Geschichte, die nicht nur mit den verschiedenen Säumerwander-Angeboten weiterlebt, sondern auch in Gebäuden am Wegrand - zum Beispiel dem Hotel Zollhaus in Giswil. «Mein Ur-ur-Grossvater hat hier als letzter Zöllner geamtet», sagt die jetzige Wirtin Heidi Berchtold-Durrer. «Die Waren wurden auf dem Seeweg hierhergebracht und bei der Sust unten am See auf die Saumtiere umgeladen. Im Zollhaus war dann der Zoll zu entrichten, und oben auf dem Brünig war nochmals ein Kontrollposten eingerichtet. Nun sind die Saumtiere wieder geladen, nur wartet morgen kein Zollposten auf dem Brünig - dafür wieder ein Säumerfest in Meiringen zu Ehren der bedeutsamen Tradition der Säumerei.»